(...) hatte ihr dies jedoch nie verziehen. Elisabeth hatte nie wieder mit ihr darüber gesprochen. Was damals passiert war ruhte seither als finsteres Geheimnis in ihrem Herzen.
„Fühlen Sie sich nicht gut, Elisabeth?“ Dr. Narosdys Stimme klang besorgt. Elisabeth spürte, wie er nach ihrer Hand griff, und wandte sich ab.
„Doch, Danke“, murmelte sie mit niedergeschlagenen Augen. Die zurückliegenden Stunden mit Dr. Narosdy waren die schönsten ihres Lebens gewesen. Wenn nur das Versprechen nicht gewesen wäre, das sie ihrem Vater auf dem Sterbebett gegeben hatte... Was musste Dr. Narosdy nun von ihr denken! Elisabeth kämpfte mit den Tränen.
„Elisabeth...“ Durch einen Schleier von Tränen blickte sie in Dr. Narosdys Augen. Erschrocken sah sie, dass er ebenfalls weinte. Unwillkürlich streckte sie ihre Hand aus und traf die seine. Als seine Lippen sie berührten, erwiderte sie seinen Kuss. Für einen Moment, der wie eine Ewigkeit schien, blickte sie in die Tiefe seiner Augen. Dann küsste sie ihn erneut. Nur Dr. Narosdys Arm hinderte sie daran, zu Boden zu sinken.
Währenddessen hatte auf Schloss Rosenburg die Suche nach der verschwundenen Elisabeth begonnen. Die Freifrau, die sich mittlerweile ernsthafte Vorwürfe dafür machte, dass sie das Mädchen trotz ihrer angegriffenen Gesundheit alleine hatte ziehen lassen, teilte Suchtrupps ein. Mit wachsender Sorge sah sie die Zeiger der Turmuhr auf die Abendstunde vorrücken und die Sonne sinken. Als die siebte Stunde schlug befahl sie schweren Herzens, den Sohn des Grafen vom Verschwinden Elisabeths in Kenntnis zu setzen.
* * *
„Hüh, Kutscher, gebt den Rossen die Peitsche, wir müssen unbedingt noch vor Einbruch der Dunkelheit auf dem Schloss eintreffen!“ Der Kutscher nickte, und Dr. Narosdy wandte sich wieder zu Elisabeth.
„Haben Ihre Eltern damals...“ begann Dr. Sarosdy. Doch als er Elisabeths Blick sah, ließ er von seinem Vorhaben ab, mehr über dieses merkwürdige Ereignis in Erfahrung zu bringen. Beruhigend drückte er Ihre Hand und erwiderte ihr zaghaftes Lächeln. Er spürte, wie sein Herz klopfte, als er auch nach ihrer zweiten Hand griff und vor ihr auf die Knie (...)